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Nordlandreise Juli 2025 Norwegen


30.07.2025 Slettnes Fyr

 

Wie herrlich ... heute am Nachmittag sind wir vollkommen alleine auf dem Parkplatz in Slettnes. Das ist der große Vorteil, wenn man sich nicht von dem etwas rauen Wetter, das im Moment herrscht, abschrecken lässt. Es sind wohl nur die etwas härter gesottenen Nordlandfahrer, die auch dann hierher an den nördlichsten Punkt des Festlandes kommen. Seit gestern herrscht starke Bewölkung und Wind, die Mitternachtssonne ist nicht einmal zu erahnen. Taghell sind die Nächte natürlich trotzdem. 

 

Bei einem kurzen Tripp hinunter nach Mehamn sehen wir Nebelschwaden über die Berge wabern. Auch das hat seinen Reiz. Wir lieben diese mystischen Momente. Schnell erledigen wir alles Notwendige, wie Brot und Gemüse einkaufen, Tanken, Leo ver- und entsorgen, dann geht es auch schon zurück nach Slettnes. Später soll es regnen, wir nutzen die trockene Zeit und lassen uns bei einer Wanderung auf der Perletur den Wind um die Nase pusten. 

 

Das erhöht liegende Fjell ist Wald reich, auch wenn es nicht so scheint. Man muss nur den Blick nach unten richten. Ganze Birkenwälder kriechen auf dem Boden. So schützt sich die Flora hier in den arktischen Breiten vor den heftigen Winden und der Schneelast im Winter. In Senken und windgeschützt zwischen Felsen blüht lila der wilde Lauch und die weißen Püschel des Wollgrases.  

 

Bis Samstag wollen wir in Slettnes bleiben. Die nächsten Tage sollen warm werden und für Freitag ist am Abend und in der Nacht sonniges, wenig bewölktes Wetter vorhergesagt. 


28.07.2025 Slettnes Fyr

 

Der Sonnenreflex auf dem Meer wird ein schimmerndes Schwert,

das sich vom Horizont heran bis ans Ufer erstreckt.

 

 

Nach drei wunderbaren Tagen und Nächten auf der Landzunge bei Mehamn sind wir heute weiter zum Slettnes Leuchtturm gereist, nachdem in Mehamn die Ver- und Entsorgung und Einkaufen im Coop erledigt ist. Leider bekamen wir kein Mormors Brot mehr im kleinen Bäckerladen in Mehamn. Dieses nach alter Tradition gebackene Brot - Großmutters Brot - hat uns immer sehr gut geschmeckt und ist schnell ausverkauft. Für übermorgen haben wir uns eines reservieren lassen.

 

Die ersten beiden Nächte haben wir vier (Marina, Markus und wir beide)  bei viel Erzählen und leckerem Rotwein bis nach Mitternacht ausgeharrt. Es war bewölkt, aber das tat der schönen Stimmung keinen Abbruch. Spät in der Nacht wirft die Sonne durch einen Wolkenspalt hindurch ihren glitzernden Pfad über das Meer. Die Mitternachtssonne sehen wir nicht mehr, sie versteckt sich hinter dem Wolkenband am Horizont.

 

Vorgestern Nacht bekommen wir unverhofften Besuch - Marina hat ihn durch's Fenster entdeckt. Zuerst sind wir möglichst leise nach vorn ins Fahrerhaus um zu schauen, Heiko gleich mit Kamera nach draußen. Aber so vorsichtig hätten wir gar nicht sein müssen. Der Polarfuchs, der sich hier herumtreibt und auf dem Holztisch herumturnt, ist allem Anschein nach Menschen gewohnt und gar nicht schreckhaft sondern fast zutraulich. Den in kleinen Happen gereichten Schinken nimmt er gerne an, nur ganz aus der Hand fressen ... das traut er sich dann doch nicht. So ein schönes Tier. Wir freuen uns natürlich alle riesig, so oft bekommt man einen Polarfuchs dann doch nicht zu Gesicht.

 

Für gestern Nacht war bestes Mitternachtswetter angesagt. Natürlich wollten wir um Mitternacht die Sonne erleben. Aber erst einmal werden am Abend Würstchen gegrillt und eine Gemüse-Pfanne zubereitet. Kein Fünf-Sterne-Hotel oder -Restaurant kann da mithalten bei diesem herrlichen Fleckchen Erde mit Blick über die Barentssee. 

 

Aber wie es dann manchmal so ist ... nur Heiko und Marina halten bis Mitternacht durch. Helga kann um 22:30 Uhr die Augen nicht mehr aufhalten. Das Reizklima fordert seinen Tribut. Es nützt alles nichts, sie verschwindet in der Koje. Aber irgendwie ist die innere Uhr programmiert. 15 Minuten nach Mitternacht wird sie wach und kann so noch bei klarstem Himmel die goldene Sonnenscheibe tief über der Wasseroberfläche schwebend am Horizont erleben. In drei Tagen beginnt die Mitternachtsdämmerung, dann wird die Sonne das erste Mal nach langer Zeit wieder für kurze Zeit unter den Horizont eintauchen.

 


26.07.2025 Mehamn/Lavähdysalue, Nordkynhalbinsel

 


Gestern Abend, nach rund 366 Kilometern Fahrt, sind wir auf einem unserer absoluten Lieblingsplätze in Norwegen, auf der Landspitze Lavähdysalue bei Mehamn angekommen. Der Tanafjordveien, die eigentlich gut ausgebaute Straße zwischen Vestertana und Ifjord, ist an zwei-drei, mehrere Kilometer langen Abschnitten in  solch einem schlechten Zustand, dass man froh sein kann, wenn alle Utensilien gut verstaut sind und nichts durch die Gegend fliegt. Leo schüttelt es regelrecht. Aber die Landschaft ist überwältigend, besonders da wo die Straße sich durch das Gebirge hinauf auf's Ifjordfell schraubt. Oben angekommen geht es bis nach Mehamn durch eine flache, mit Gras bewachsene und steinige Hochebene, ab Ifjord teilweise mit herrlichen Ausblicken auf den Porsangerfjord. 

 

In Mehamn erwarten uns schon Marina und Marcus. Vor vier Jahren hatten wir uns bei Rolf auf dem Campingplatz kennen gelernt. Da sie genauso begeisterte Nordlandfahrer sind wie wir, ergibt es sich, dass man sich unterwegs irgendwo trifft. Natürlich muss das Wiedersehen nach einem Jahr erst einmal mit Rotwein begossen werden und vor ein Uhr Morgens kommen wir nicht in die Koje.

 

Der Tag beginnt mit stürmischem Wind und Wolken verhangenem Himmel, aber es ist einfach fantastisch hier. Rentiere ziehen um uns herum, draußen im Meer ziehen ab und an Finnwale vorbei. Es riecht nach Meer und Tang und am Nachmittag lässt die Sonne Meer und Himmel wieder in schönstem Blau erstrahlen.

 

Für morgen ist Bilderbuchwetter angesagt. Da bleiben wir auf alle Fälle hier. Gerne würden wir weiter rauf nach Slettnes zum Leuchtturm - aber das hat an einem Sonntag mit schönem Wetter kaum Aussicht auf Erfolg, einen Parkplatz zu finden. Dann lieber die Zeit hier  genießen.


24.07.2025 Hamningberg am Rande des Kontinents

 

Jeder Tag in der arktischen Region ist anders: gestern war es kalt, bewölkt und neblig mit kurzzeitig Nieselregen. Heute herrschen wieder angenehme Temperaturen und Sonnenschein. Jetzt nehmen wir den Rest des Weges nach Hamningberg in Angriff. Wie oft sind wir diese Strecke schon gefahren ... und doch sind wir jedes Mal wieder hell auf begeistert. Sie wird uns nie langweilig. Fantastische, bizarre Felsformationen säumen die Straße bis hinunter zur tiefblauen Barentssee. Ein riesiger Schwarm Gänsesäger zieht kurz vor dem Ufer dahin. Vorsichtig und langsam Fahren ist angesagt, ist die Straße doch schmal und kurvig. Gott sei Dank wurden bei Erstellung der Straße an genügend - wenn auch kleine - Ausweichbuchten gedacht. 

 

Kurz vor Hamningberg weitet sich die Landschaft zu einer wunderschönen Bucht mit einem Bilderbuchstrand. Eine große Herde Rentiere hat die Bucht in Beschlag genommen. 

 

Ungefähr 500 Meter westlich des Ortes Hamningberg finden wir unseren Platz für die Nacht. Ein großzügiges Wiesenareal mit Platz für etliche Camper und Zelte, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen.

 

Ein Wanderweg führt entlang der Bucht zu einem steinigen Treibgutstrand. Anfangs geht es über weichen vertorften Boden, dann weiter auf einem Steinpfad. Wider Erwarten geht es sich auf den meist flachen Steinen recht gut. Es ist eine Menge Treibgut angespült worden, einiges ist natürlichen Ursprungs  wie Holzstämme und Walrippen, aber auch Müll ... Fischernetze und Plastik in jedweder Form. Wandernde werden auf Schildern gebeten, bei der Säuberung des Strandes zu helfen. Wie es scheint, beteiligen sich die meisten Leute daran. Jedenfalls ist einiges zusammengetragen worden. 

 

 


22.07.2025 Frei gewählter Platz auf dem Weg nach Hamningberg

 

Heute morgen liegt Vardø unter einer See-Nebeldecke, entsprechend kühl ist es geworden. Ab und zu zieht sich der Nebel etwas zurück und die untere Hälfte der Insel Hornøya wird sichtbar. Lange hält das nicht an. Im Nu zieht es sich wieder zu und es sind keinerlei Konturen mehr zu erkennen. Es stellt sich die Frage, was wir mit dem Tag anfangen wollen ... hierbleiben und abwarten, Lesen und Bilder bearbeiten? Eigentlich hatten wir ja vor, die Straße nach Hamningberg zu fahren. Macht das Sinn bei dem Nebel? Egal, wir machen es einfach. Wenn es uns nicht behagt, können wir ja wieder zurück kommen. Vielleicht ist es ja ganz reizvoll, im Nebel die sowieso schon außergewöhnlich reizvolle Straße zu nehmen. Vor Jahren gab es schon mal eine ähnliche Situation, wo Nebelschleier über die schroffen Felsen zogen, was eine mystische Stimmung erzeugte.

 

Gegen Mittag erledigen wir in Vardø noch die Ver- und Entsorgung und einen kleinen Einkauf bei REMA 1000. Flugs geht's durch den Tunnel hinüber auf's Festland. Und siehe da ... die Nebelwand liegt nur draußen auf dem Meer, das Festland ist vollkommen offen. Und wieder einmal sind wir völlig begeistert von der wilden, rauen, zerklüfteten Mondlandschaft, durch die sich die schmale Straße nach Hamningberg schlängelt, immer mit Blick rechterhand auf das Eismeer. 

 

Ganz nach Hamningberg wollen wir heute nicht. Entlang der Straße gibt es ab und zu Plätzchen mit steinigem, geradem Untergrund, wo man wunderbar und völlig ungestört stehen kann. Nach rund 30 Kilometern entdecken wir "unser" Plätzchen. An Leos windgeschützter Seite genießen wir unseren Kaffee mit norwegischem Zimtgebäck. Später reißt die Wolkendecke vollständig auf und wir werden mit Sonne und Wärme verwöhnt. 

 

Auch hier, auf den grasbedeckten Flächen zwischen den Felsen haben Sandregenpfeifer gebrütet. Aufgeregt piepsend und kranker Mann spielend lenken sie von ihren Jungen ab, wenn man hinunter zu den Felsen geht. Heiko macht die Erfahrung, dass, wenn er sich ganz ruhig mittendrin hinsetzt, die Vögel sich beruhigen und sogar ziemlich nahe um ihn herumkreisen. So kommt er ganz unverhofft noch einmal zu schönen Sandregenpfeifer-Bildern.


21.07.2025 Vardø

 

Heute nutzen wir endlich mal wieder unsere Fahrräder für eine Runde über die Insel. Es ist sonnig, an windstillen Orten warm, gegen den kalten Wind muss man sich wappnen. Seenebel zieht erst am späten Nachmittag auf, als wir schon wieder im Warmen und Trockenen sitzen.

 

Wir besuchen das Hexenmahnmal und die Festung Vardøhus und lassen uns mal wieder bekochen in einem der beiden Thai-Restaurants in Vardø. 

 

Hexenmahnmal

Das  "Denkmal für die in der Finnmark verbrannten Hexen" besuchen wir noch einmal nach längerer Zeit. Die Architektur und Ausstellung hat uns beim ersten Besuch sehr beeindruckt. Sie erinnert an die Menschen, die während der Hexenprozesse in der Finnmark zwischen 1600 und 1692 hingerichtet wurden. "Mehr als 100 Menschen wurden der Hexerei beschuldigt, und 77 Frauen und 14 Männer wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt." 

 

Für jede einzelne hingerichtete Person leuchtet ein Licht in dem langen Gang, jede Person ist namentlich genannt mit den korrekten historischen Informationen. Besonders eindrücklich ist ein gläserner Pavillon mit der Installation eines symbolischen Scheiterhaufens. 

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Hexenmahnmal_(Vardø)

https://polarkreisportal.de/historische-schamanentrommel-darf-in-sapmi-bleiben

https://en.wikipedia.org/wiki/Anders_Paulsen

 

 

Ein interessantes Beispiel ist der Fall des Anders Poulsen.

Ein 92 Jahre alter "noaide", ein samischer Schamane. 

Sein samischer Name war "Poala-Ánde". Der noaide war eine sehr wichtige Person in der vorchristlichen samischen Religion, da er oder auch sie das Bindeglied zwischen Menschen und Göttern war. Samische Schamanen und ihre Trommeln waren den damaligen Missionaren ein Dorn im Auge und wurden verfolgt. Anders Poulsen wurde der Zauberei angeklagt, seine Sami-Trommel konfisziert und nach Kopenhagen gebracht. Die Trommel wurde nun wieder den Sami zurückgegeben und befindet sich im Museum in Karasjok. 


ÜBERSETZUNG

 

Anders Poulsen

Am 9. Februar 1692 vor das Gericht in Vadso gestellt 

Angeklagt die Sami-Trommel benutzt zu haben und gottlose Zauberei zu betreiben

Geständig, 

dass er die Weisheit der Trommel von seiner Mutter in seiner Jugend gelernt habe 

dass er eine Trommel gemacht habe, was er selbst vor Gericht gezeigt hat 

dass er alle Symbole auf der Trommel und ihre Bedeutung kenne 

dass er auf der Trommel spielen könne, was er vor Gericht zeigte

dass er das Kreuzzeichen machte und das Vaterunser auf Karelisch sprach, bevor er spielte

dass er mit Hilfe seiner Götter einen Zauber aufheben und ihn zu demjenigen zurückschicken kann, der ihn ausgesprochen hat

dass er keinem Menschen etwas Böses angetan hatte

dass er weder Gott im Himmel noch dem Christentum abgeschworen hat

dass er zu Gott im Himmel bete, wenn er zu den auf der Trommel symbolisierten Göttern bete

dass er aufhören würde, die Trommel zu benutzen, wenn es gegen das öffentliche Interesse verstößt

Erneut vor Gericht gestellt in Vadso am 10. Februar 1692

Geständig, 

die Kunst des Trommelns erlernt zu haben,

um herauszufinden, wie es weit entfernten Menschen erging, und um das Schicksal von Reisenden vorherzusagen

um Menschen zu helfen, wenn sie in Schwierigkeiten waren, und um gute Taten zu vollbringen

 

Fall wurde vertagt bis zu den Erörterungen in Kopenhagen

Ermordet mit einer Axt während der Untersuchungshaft

 

Ein anderes Beispiel ist der Fall der Else Knudsdatter

Vorladung vor das Gericht in einer Reihe von miteinander verbundenen Hexereiprozessen, bei denen 12 Frauen hingerichtet wurden.

Sie wurde am 27. Januar 1621 der Hexerei beschuldigt, und der Wasserprobe unterzogen.

Sie gestand, 

dass sie den verstorbenen Heinrich Meyer, der ihren Mann geohrfeigt hatte, mit einem Zauberspruch belegt hatte

dass sie 1617 an der Aufbringung des Sturms beteiligt war, bei dem viele Menschen vor Kiberg und Vardø ums Leben kamen

dass Gøri aus Store Ekkerøy und Guri aus Lille Ekkerøy daran beteiligt waren 

dass sie drei Knoten an eine Schnur knüpften

dass sie auf die Schnur spuckte und dabei eine Beschwörungsformel sagte, und die anderen taten dasselbe

- und so weiter und so fort ....

Sie wurde wegen Ausübung der Hexerei zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt


Festung Vardøhus

Auch die Festung Vardøhus steht heute auf dem Programm. "Die Festung, norwegisch Vardøhus festning, ist die nördlichste und östlichste Festung Norwegens. Sie wurde von König Håkon V. um 1300 auf der Insel Vardøya errichtet. Sie diente der Wahrung der norwegischen Interessen an der Nordostpassage gegen Nowgorod." https://de.wikipedia.org/wiki/Festung_Vardøhus

Bei der Festung handelt es sich um eine recht kleine Anlage. Nichtsdestotrotz ist es interessant, sie sich einmal anzuschauen, wenn man sowieso in Vardø ist. 

 

Einige Vardø Impressionen


20.07.2025 Vardø

 

Ein wunderbar sonniger Tag nach einer sonnigen Nacht. Der heute nur leicht wehende Wind ist kühl und verleitet uns dazu uns viel zu warm anzuziehen für unsere kleine Wanderung über die Salzwiesen und den Strand unserer Bucht. Heiko möchte schauen, ob er den Birkenzeisig nochmal antrifft und fotografieren kann. Leider finden wir diesen nicht, aber ein schöner Goldregenpfeifer läuft umher. Es ist wohl ein Männchen. Es ist zu lesen, dass die Männchen im Frühjahr während der Brutzeit durch ihren schwarzen Bauch und die schwarze Kehle, die von einem weißen Streifen eingerahmt sind, gut zu erkennen sind. Viele winzige gelbe und blaue Blüten leuchten zwischen den Gräsern, den Kriechbirken und dem Zwergwacholder. Einen einsamen Bach-Nelkenwurz findet Helga, der Wald-Storchenschnabel dagegen wächst in rauen Mengen. 

 

Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg nach Vardø. Eine Toilettenentsorgung ist dringend notwendig. Außerdem hatten wir im letzten Jahr das große Glück, eine Schule Wale bei der Jagd direkt vor der Küste in Sichtweite unseres Stellplatzes beobachten zu können. Wie wir schon vermutet haben, ist es diesmal wohl zu spät im Jahr (voriges Jahr waren wir Ende Juni/Anfang Juli hier), vielleicht ziehen zur Zeit keine Fischschwärme durch die Passage zwischen den Inseln. Jedenfalls sind keine Wale zu sehen. Ein bisschen sind wir enttäuscht, aber wir hatten ja damit gerechnet. Dafür toben einige Ringelrobben auf der Suche nach Nahrung kurz vor der Küste. 

 

 

 


19.07.2025 Seit gestern in der Adlerbucht bei Kramvik/Vardø

 

Die von uns so genannte Adlerbucht steuern wir jedesmal an, wenn wir auf dem Weg nach Vardø und Hamningberg sind. Vor 15 Jahren hatte es uns das erste Mal hierher verschlagen. Damals erfuhren wir von einem deutschen Paar, dass hier in der Bucht immer mehrere Adler bei Ebbe auf Beute lauern. Sie sitzen in der Ferne auf den Anhöhen und warten darauf, dass das Wasser sich zurückzieht. Zurück bleiben Steine, Geröll und Tang. Dort sitzen sie dann mit ihren Jungvögeln und lauern auf Beute. Im vorigen Jahr hatten wir das besondere Glück, dass sieben bis neun Adler hierher kamen und wir sie lange Zeit beobachten konnten. In diesem Jahr haben wir seit gestern nur einen einzigen in weiter Ferne gesehen. Vielleicht war es keine gute Brutzeit.  

 

Aber zu entdecken gibt es an der Wasserkante eigentlich immer irgend etwas - und wenn es ein Walgerippe ist. Die Walknochen liegen gut eineinhalb Kilometer von unserem Platz entfernt am Steinstrand. Gefühlt läuft man durch das etwas unwegsame, bucklige Gelände weit mehr. Die einzelnen Wirbelknochen haben eine Größe von ca. 40 cm im Durchmesser und eine Höhe von 50-60 cm. Es kommt gar nicht so selten vor, dass verendete Wale an den Küsten angeschwemmt werden. Vor 15 Jahren, als wir zum ersten Mal am Leuchtturm von Sletness waren, war gerade zwei Tage vorher ein Wal von der Flut an Land gespült worden. Obwohl es sich um einen kleineren Wal handelte, war das schon ein recht beeindruckender Kadaver, wenn auch ein ziemlich trauriger Anblick. 

 

Und wo nun diesmal keine Adler unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, stellen wir fest, was noch so alles an kleinerem Gefieder sich hier auf den Salzwiesen und am Strand tummelt. Die Varanger-Halbinsel ist ja für ihren Reichtum an Vogelarten bekannt. Da Heiko damit nicht gerechnet hat, hat er diesmal nicht seine neue Kameraausrüstung mit dem langen Tele dabei, da er ja nur die Walknochen fotografieren will. Dabei entdeckt er den Rotschenkel, den Birkenzeisig, den Sandregenpfeifer, den Steinwälzer (der bei der Nahrungssuche am Strand Steine und Muscheln umdreht). Auch etliche  Austernfischer sind mit der Aufzucht beschäftigt und lenken aufgeregt piepsend und umherlaufend von den Gelegen mit ihren Jungen ab. Und zwischen all den Gräsern und Pflanzen verstecken sich vereinzelte Prachtnelken. 

 

Zu erwähnen ist noch das Wetter, das hier in den arktischen Regionen schnell umschlagen kann. Gestern lagen bis zum frühen Nachmittag die Temperaturen noch bei 25 Grad bei heftigem Wind. Helga hat beim Kochen geschwitzt, weil wir bei dem Wind uns nicht getraut haben, Tür und Fenster offen zu lassen. Am späten Nachmittag rollte eine Wolke heran, die aussah als wenn es gleich ordentlich regnen würde. Das zwar nicht, aber der Himmel bewölkte sich und die Temperaturen gingen bis zum Abend auf 8 Grad runter. Auch heute ist es bewölkt und kalt geblieben. Erst heute Abend und in der Nacht soll die Sonne wieder scheinen. Gut dass wir warme Kleidung dabei haben. 


17.07.2025 ANGEKOMMEN am Varangerfjord - an der Fv355/ Bugøynes

 


 

16.07.2025 ANGEKOMMEN am Varangerfjord - an der Fv355/ Bugøynes

Heute sind wir gegen 15 Uhr am Varangerfjord angekommen. Bedingt durch Heikos Zahnbehandlung sind wir erst gut drei Wochen später aufgebrochen, als ursprünglich geplant. Die Mittsommerzeit geht bald zu Ende. Schon in 15 Tagen, am 31. Juli, beginnt in Mehamn die Mitternachtsdämmerung. Dann verschwindet die Sonne um 23:48 Uhr für kurze Zeit unter dem Horizont, und taucht am 1. August um 00:42 Uhr wieder auf. An unserem derzeitigen Standpunkt bei Bugøynes beginnt die Mitternachtsdämmerung bereits am 28. Juli. Dann wird es zwar noch lange nicht dunkel, doch mit den herrlichen goldenen Nächten ist es bald vorbei. Wenn die Wetterlage gut mitspielt, wird man aber manchmal mit spektakulären Sonnenuntergängen entschädigt.

 

Vor genau einer Woche, am Mittwoch den 9. Juli ist endlich alles in Leo verstaut und wir sind abfahrbereit. Es ist schon später Nachmittag und wir sind etwas erschöpft von der ganzen Packerei. Viel Strecke wollen wir deshalb nicht mehr machen, nach nur wenigen Kilometern übernachten wir auf einem relativ ruhigen Parkplatz in der Nähe von Schleswig, um gut erholt gleich am nächsten Morgen die Reise ans Eismeer anzutreten. Mit vier Übernachtungen in Schweden und zwei in Finnland kommen wir recht zügig voran. Unterwegs stellt Heiko an einer Tankstelle fest, dass der Tankverschluss sich verdünnisiert hat, Ein Rätsel, wie das passiert ist. Ein neuer muss her. In Vimmerby wenden wir uns an die dortige Mercedes-Werkstatt. Der passende Deckel ist nicht lagermäßig vorrätig. Drei Tage warten, bis der bestellte Deckel einträfe, wollen wir nicht. Kurzerhand ruft die junge Dame in Luleå bei Mercedes an. Bis Montag müssten wir die Strecke dorthin schaffen. Wie vereinbart, holen wir den Deckel am Montag dort ab. Das klappt ja alles wie am Schnürchen. 

 

Ansonsten gab es keine besonderen Vorkommnisse auf der Fahrt, über die zu berichten wären. Gestern und vorgestern lagen die Temperaturen in Finnland bei 30°. Ein relativer Vorteil war, dass nur wenige Mücken unterwegs waren, ansonsten sehnten wir uns dringend nach frischer Seeluft. Bei Ankunft am Varangerfjord gegen 15 Uhr empfängt uns ein kräftiger Wind. Jetzt um 18 Uhr hat der Wind sich beruhigt, der Himmel ist mit Schleierwolken bedeckt bei 14°. Später, ab 20 Uhr soll bei klarem Himmel die ganze Nacht die Sonne voll scheinen, um Mitternacht bei 9°, morgen tagsüber bei 19° bis 22°. 

 

Wir werden versuchen, etwas vorzuschlafen, in der Hoffnung, in der Nacht lange durchzuhalten. So eine herrliche Mittsommernacht darf man ja nicht versäumen.