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DER ATLANTIK TOBT

Es wütet der Sturm und er peitscht die Wellen,

und die Wellen wutschäumend und bäumend, türmen sich auf, 

und es wogen lebendig die weißen Wasserberge ….

 

Heinrich Heine

Ja … wir hatten ein paar stürmische Tage und Nächte im äußersten Süd-Westen der Algarve, in Sagres. Und auch heute noch, wo wir uns auf den Weg in nördliche Richtung gemacht haben, geht eine steife Briese. Dräuende Wolken zogen auf, heftige Regenschauer und Sonne wechselten sich ab. Bereits angekündigt von der Wettervorhersage waren wir darauf vorbereitet und als wetterfeste Norddeutsche haben wir uns nicht davon einschüchtern lassen, sondern getreu dem Motto „es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung“ uns darauf eingestellt. Angenehm dabei war …  trotz Sturmböen, gegen die man sich regelrecht anstemmen musste, um nicht über die Klippen gefegt zu werden, reichte eine leichte, wasserfeste Windjacke, die Luft war und ist sehr warm. Wer uns kennt, weiß ja inzwischen, dass Meer und Wellengang - je höher, desto besser - unsere Leidenschaft ist. Immer auf der Jagd nach aufregenden Fotos. Die ersten Tage waren noch ruhig. Und auch das Meer hielt erst einmal eine Enttäuschung parat. Wenig Bewegung mit niedrigem Wellengang  (na ja, an der Nordsee würden zwei bis drei Meter hohe Wellen schon rechten Eindruck auf uns machen). Die Surfseiten im Internet sagten für einige Tage später schon ganz vielversprechende sechs bis sieben Meter voraus. Wir waren gespannt … und im Nachhinein total begeistert. Gestern ging die Post ab in den Buchten um Sagres und in Richtung Cabo de São Vicente. Das Meer dröhnte, schäumte und brodelte, die Wellenberge rollten donnernd heran, ein unbeschreibliches Getöse, sein eigenes Wort konnte man kaum verstehen. Unberechenbar und nicht ungefährlich sind diese Wellen. Bis eben stand man noch sicher auf trockenem Boden, der Wellenrand war weit genug entfernt … und dann kracht diese EINE, noch stärkere herein und leckt nach dir. Hast du dich zu weit nach vorne gewagt, zeigt sie dir was eine Harke ist und du stehst in nassen Hosen da und musst den Sand aus der Kleidung bürsten. Ja … das ist passiert, Helga stand da wie ein begossener Pudel (das war nicht das erste Mal). Und sie war nicht die einzige. Einige junge Leute hatten sich auf der Terrasse eines noch geschlossenen Restaurants auf Stühlen niedergelassen, um das Meeresrauschen zu genießen. Die Gischt hat sie voll erwischt und das Wasser tropfte ihnen aus Haaren und Hosen. Der Atlantik hat es in sich.   

 

Am Nachmittag, gegen 15 Uhr trafen die Brecher mit voller Wucht auf die mehr als 30 Meter hohen Steilwände der “Vicentinischen Küste“. Regelrechte Wasserbomben explodierten und stoben hoch über die Steilküste hinaus. Die Gischt wurde vom Wind wie Rauchfahnen ins Land getragen  und prasselte wie salziger Regen auf uns herunter. Die Kameras hatten wir in weiser Voraussicht mit Hüllen geschützt. Es war atemberaubend. Und obwohl wir glaubten, wirklich schon herrliche Brandungen gesehen und erlebt zu haben, war der gestrige Tag diesbezüglich ein absoluter Höhepunkt. Seht selbst … wir hoffen, die Bilder vermitteln euch einen Eindruck.


Matalascañas 

Den Weg von den Ausblicken auf die Schnee bedeckten Berge der Sierra Nevada  an die Algarve haben wir diesmal recht zügig ohne große Aufenthalte zurück gelegt. Wir wollten nach Portugal und haben selbst Sevilla diesmal schnöde links liegen lassen. Aber am Strand von Matalascañas an der Costa de la Luz mussten wir einfach drei Tage bleiben. Über 20°, nur leichter Wind, endloser Strand, eine Promenade ideal zum Radfahren, nur relativ wenige Menschen unterwegs, aber einige Restaurants hatten schon geöffnet, gutes Essen (gaaaanz lecker war der schwarze Reise mit Tintenfisch. Schwarz wird der Reis durch die Tinte der Sepia). Erholung pur. Matalascañas selbst ist eine von den typischen Retortenorten, wo im Sommer der Bär los ist, und in den Wintermonaten die Straßen geisterhaft leer und alle Fensterläden geschlossen sind. 

 


Tavira, Luz do Tavira, Pedras del Rei, Loulé

 

Der nächste Aufenthalt für ein paar Tage war dann in Tavira und Pedras del Rei und in Luz. Tavira ist ein nettes Städtchen auf der östlichen Seite der Algarve. Hier hat der Tourismus noch nicht den breiten Raum eingenommen, wie in der Zentral-Algarve und man findet noch ein wenig Ursprünglichkeit. Selbst in einigen Restaurants ist man als ausländischer Tourist noch in der Minderzahl unter den Portugiesen. Alles sehr charmant und angenehm. 

 

Von Tavira aus umgehen wir auf Nebenstraßen Faro. Ein Zwischenaufenthalt in Loulé ist geplant, dort gibt es einen Übernachtungsplatz für WoMo’s. Wir kommen am Freitagnachmittag an und sind bei unserem Stadtgang ganz überrascht über die angenehme Atmosphäre. Vor allem gefällt uns, dass so gut wie keine Touris unterwegs sind. Wir bekommen den Eindruck einer Stadt, die noch den Portugiesen gehört. Geschäftige Einkaufsstraßen, gut besuchte, hübsche Cafés, und im Zentrum die große, maurisch anmutende Markthalle. Obwohl es schon auf 19 Uhr zugeht, ist sie noch geöffnet. Ein großes Plakat weist auf die „Woche der Schokolade“ hin. Morgen ist der letzte Tag. Also hinein in die Markthalle. Auch die innere Architektur ist etwas für’s Auge. Vor allem die „Schokoladen-Stände“ bedeuten einen Angriff auf die Standhaftigkeit. Ein hübsch angerichtetes Törtchen trägt den Namen „Orgasmo“ … hm … die junge Verkäuferin und Helga schauen sich an und beide müssen doch recht schmunzeln. Ob das Törtchen wohl wirkt? Wieviel wollen wir davon nehmen?

 

Für den nächsten Morgen, am Samstag, ist ein erneuter Marktbesuch geplant. Wir denken uns, dass heute das Marktgeschehen noch wesentlich ausgedehnter sein wird, als am Freitagabend. Allerdings wundern wir uns schon am Freitag, dass mit einem Mal so viele Wohnmobile auf dem Platz auftauchen. Was wollen die denn bloß alle hier, warum bleiben die denn nicht unten in ihren geliebten, überfüllten und touristischen Orten. Im Zentrum, um die Markthalle herum, wird uns dann so einiges klar. Heute bevölkern Engländer, Franzosen, Niederländer und Deutsche die Straßen und den Markt. Ganze Busladungen müssen angekarrt worden sein. Ein Blick ins Internet erklärt die Sachlage: Loulé ist ein beliebtes Ausflugsziel gerade wegen, wenn auch nicht nur, der besonderen Markthalle. Und klar, ganz besonders am Samstag. An den späten Nachmittagen und Abenden haben die Portugiesen ihre Stadt dann wohl wieder hauptsächlich für sich. Jedenfalls in den Wintermonaten. Es ist schon bemerkenswert, wie sehr sich die Atmosphäre eines Ortes verändert, wenn er vom Tourismus überlaufen wird. 

 

Von Loulé geht es auf dem direkten Weg in den äußersten Westen, Sagres ist das Ziel. Die gesamte Zentralalgarve durchfahren wir zügig. Die müssen wir nicht mehr haben. Die noch einigermaßen ursprüngliche Algarve beginnt erst wieder ab Lagos.