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UNTERWEGS IM ANDALUSISCHEN HINTERLAND

Am vorigen Freitag, dem 20. Januar, geht’s ein letztes Mal mit dem Bus von unserem Stellplatz in La Jarra nach Sanlucar hinein. Ein sonniger, warmer  Tag … ideal um sich von einem lieb gewonnenen Ort (vorerst) zu verabschieden. Noch einmal eine Runde durch die Tapabars, die leckeren Kleinigkeiten genießen und die Sonne auf der Plaza del Cabildo. Der Januar hatte in diesem Jahr so einige recht kühle und auch verregnete Tage mit heftigem Wind im Gepäck. Das kommt nach unserer Erinnerung zwar jedes Jahr vor (Januar und Februar sind nunmal die kältesten Monate), doch erzählen uns die Einheimischen jedes Jahr auf’s neue: „in diesem Jahr ist es viiiieeel kälter als sonst“.  

  

Wir haben den Monat auf dem Stellplatz sehr genossen. Doch so langsam haben wir wieder Lust uns auf den Weg zu machen. Samstag geht’s los. Zuerst sieht es so aus, als wenn wir  lieber noch warten sollten … eine dicke Nebel-Suppe hat sich vom Meer ins Land geschoben. Da muss man nicht unbedingt auf der Straße sein. Doch gegen Mittag ist wieder freie Sicht, die Sonne hat sich durchgesetzt. Die nächsten Tage wird es warm, windstill und trocken werden, der Wetterbericht kündigt 19-20° an … super, das kommt uns gerade recht, wir haben ein paar Außenaktivitäten geplant, da können wir Regen und Wind nicht gebrauchen.


Der Samstag steht erst einmal im Zeichen einer Einkaufstour. Heiko möchte bei Decathlon in El Puerto de Santa Maria nach Funktionskleidung schauen und der Kühlschrank muss aufgefüllt werden. Den Abend verbringen wir mit unseren spanischen Freunden in Chipiona, nur einige Kilometer von Sanlucar entfernt. Auch der nächste Morgen wartet mit Seenebel auf, der uns auch eine ganze Weile auf unserem weiteren Weg ins Landesinnere begleitet und erst am frühen Nachmittag nachlässt.  Am Stausee von Arcos de la Frontera, bei El Santiscal, essen wir zu Mittag in einem schön direkt am See gelegenen Restaurant. Es ist Sonntag und die Terasse ist gut gefüllt mit spanischen Gästen. Ein beliebtes Ausflugsziel mit einer schönen Promenade am See entlang. Es ist ruhig und nett hier, so bleiben wir bis zum nächsten Morgen. Wieder liegt Dunst über dem See, kein Horizont ist zu erkennen. Himmel und See verschmelzen miteinander … eine unwirkliche, aber schöne Stimmung.


PAYOYO Käse mit Weltruf

 

Alfonso, der Besitzer des Stellplatzes in La Jarra, hatte uns von dem „besten Käse der Welt“, ausgezeichnet mit vielen Preisen, vorgeschwärmt, den wir unbedingt probieren müssten, wenn wir auf dem Weg Richtung Olvera wären. Also machen wir uns am Montag auf über El Bosque und Ubrique nach Villaluenga del Rosario, wo es die wohl bekannteste Käserei gibt. Hier in der Sierra de Grazalema ist die Payoyo-Ziege und das Marino-Schaf beheimatet, aus deren Milch diese Spezialität der Gegend hergestellt wird, der Payoyo-Käse. 

 

“Bis Mitte der 90er Jahre wurde die gesamte Milchproduktion der Ziegen- und Schafherden, die in der Sierra de Grazalema gehalten werden, an französische Unternehmen verkauft, sodass nur ein paar wenige Landwirte der Region davon Nutzen hatten. 1996 gründeten Andrés Piña und Carlos Ríos eine Käserei und machten sich die besonderen Eigenschaften der lokalen Viehherden zu Nutzen. Dabei trugen Sie zur Erhaltung der bodenständigen Tierarten und den traditionellen Techniken der Viehzüchter bei und entwickelten einen kleinen nachhaltigen Betrieb, der auf sein Umfeld Rücksicht nimmt.“

 

In dem kleinen Verkaufsraum der Käserei probieren wir uns durch einige Sorten. Doch … ja, sie schmecken gut, kann man nicht anders sagen. Je ein Stück Käse unterschiedlicher Reifegrade nehmen wir mit, mal schauen, ob sie uns später zum Wein auch noch munden.


Am kommenden Tag wollen wir nun endlich unsere geplante Radtour auf der Via Verde de la Sierra von Olvera nach Puerto Serrano unternehmen. Die Suche nach dem Stellplatz in Olvera gestaltet sich ein wenig, sagen wir mal so, umständlich. Die eigentliche Zuwegung ist zur Zeit wegen Baumaßnahmen gesperrt. Ein weiteres Hinweisschild, welche Straße man denn nun nehmen soll, gibt es nicht.  Zwei-Dreimal die Hauptstraße rauf und runter … die Straße, die das Navi uns schicken will, ist so schmal zwischen den Häusern und abschüssig, es muss doch vielleicht noch eine andere Möglichkeit geben, so’n bisschen sind wir ja gebrannte Kinder seit Marseille. Letztlich bleibt aber keine andere Wahl als dem Vorschlag des Navi zu folgen. Na … klappt ja doch. Gar nicht so schlimm wie befürchtet. 

 

Bei den Via Verdes Spaniens, den Grünen Wegen, handelt es sich um ein Projekt der Fundación de los Ferrocarriles Españoles, einer Stiftung der Spanischen Eisenbahn. Es werden ungenutzte Bahnstrecken zu Wander- und Radwegen umgebaut. Die Bahnstrecke der Via Verde de la Sierra hat allerdings ihre eigene Geschichte:

 

“Die ehemalige Bahnstrecke war als Verbindung zwischen Jerez de la Frontera und Almargen geplant (119 km), wurde jedoch nie fertiggestellt. Die aufwändigen Bauarbeiten (Beginn 1927) in schwierigem Gelände wurden durch den Spanischen Bürgerkrieg unterbrochen und danach nie zu Ende geführt, so dass niemals ein Zug diesen Abschnitt befuhr.“

 

In Spanien soll es mittlerweile zusammengefasst über 2.000 Kilometer solcher Strecken geben. Allein Andalusien hat 25 dieser umgebauten Bahnlinien zu bieten. Die Strecken sind für jeglichen Motorverkehr gesperrt und dürfen nur zu Fuß, mit dem Fahrrad oder zu Pferd genutzt werden. Was es in dieser schönen, abwechslungsreichen Landschaft zu einem besonderen Genuss macht, sie auf diese Art zu „erfahren“. 

Die Station von Olvera liegt ungefähr auf 600 Metern Höhe und die von Puerto Serrano auf 170 Metern … da kann man sich sicherlich denken, warum wir uns dafür entschieden haben in Olvera zu starten, hm? Ja klar, anders herum hätten wir viel mehr strampeln müssen, die ganzen 36 Kilometer. So ist es eine entspannte Tour und man kann ohne  heraushängender Zunge die Landschaft genießen. Nur kurz vorm Ziel ist eine Steigung von 170 m auf 390 m auf einer Länge von zwei Kilometern zu überwinden, umso schöner war dann die Abfahrt. 30 Tunnel, der längste etwa einen Kilometer lang, müssen durchfahren werden. Bei fast allen funktionierte tatsächlich die Beleuchtung, die durch Bewegungsmelder angeschaltet werden. Was wohl nicht immer gegeben ist. Darum ist dringend angeraten, Lampen dabei zu haben. 

 

Etwa auf halber Strecke ragt ein riesiger, bizarr geformter Felsen aus der ansonsten relativ offenen Landschaft heraus, der Peñon de Zaframagón. Ein trotz seiner kleinen Ausmaße sehr wichtiges Naturschutzgebiet. Durch das Objektiv der Kamera sieht man die Gestalten in den Felsspalten und auf den Zinnen hocken, und natürlich fliegen sie aus auf der Suche nach Futter:

 

“Trotz seiner kleinen Dimension, ist der Berg von grösster Wichtigkeit, vor allem für die dort lebende Gänsegeierkolonie (Gyps fluvus) Westandalusiens und einer der grössten Europas. Seine prominente und zerklüftete Form und seine totale Isolierung von Wohnorten schaffte einen idealen Lebensraum für die Geier, die unzugängliche Wände, Vertiefungen, Kranzgesims oder Vorsprünge der Felsen ausnutzen, um ihre Nester zu bauen.“

 

Blau leuchtende Teppiche bilden jetzt auf vielen Wiesen in den Andalusischen Bergen die Blüten der Iris planifolia, der Flachblättrigen Schwertlilie, ein Zwerg unter den Schwertlilien. Sie wird gerade mal 15 cm hoch. Mit dem Wagen unterwegs auf den Straßen, vorbei an den Blütenteppichen, glaubten wir, es handele sich um Krokusse. Man kann ja leider nicht einfach mal so anhalten, meistens jedenfalls nicht. Hier auf der Fahrradstrecke haben wir nun die Möglichkeit, die hübschen Blüten näher in Augenschein nehmen zu können. 

 

Gar nicht anstrengend war dann der Rückweg ... in einem Taxi mit Anhänger für die Räder.